Zirkuscamp im Kinderzirkus Wannabe
Zauberclowns in der Manege - ein Projektbericht von Kolja Kaldun

„Lachen heißt schadenfroh sein, aber mit gutem Gewissen.“
(Friedrich Nietzsche)

Vom 29.07. - 05.08.2012 war Kolja Kaldun Trainer für Zauberkunst im
Kinderzirkus Wannabe in Neu-Isenburg (Frankfurt am Main).

In dieser Woche studierten neun Kinder nicht nur Zauberkunststücke ein, sondern erarbeiteten mit theaterpädagogischen Übungen und Spielen ihre ganz eigene Zauber(Clown)-Nummer.

Projektstruktur
40 – 60 Mädchen und Jungen im Alter von 6 – 16 Jahren konnten im Camp zwei Wochen lang Zirkusluft schnuppern und sich in verschiedenen Workshops ausprobieren: Jonglage, Akrobatik, Voltigieren, Tierdressur, Einradfahren, Tuchakrobatik, Zaubern und vieles anderes mehr.

Die meisten Kinder wohnten während dieser Zeit auf dem Gelände  in Campingzelten oder im Zirkuswagen.
Der Tagesablauf war um täglich 2 Trainingseinheiten zu je zwei Stunden  strukturiert, sodass die Kinder die Möglichkeit hatten, an jeweils zwei Workshopangeboten teilzunehmen.

Zum Zirkusleben gehörte es natürlich auch, gemeinsam zu Essen und anschließend abzuwaschen, die Tiere zu versorgen und das Gelände sauber zu halten.
Und zwischen Training und Pflichten gab es noch jede Menge Zeit für Spiel und Spass.

Struktur Zauberworkshop:
Rahmenbedingungen:
Die ausgewählten Kunststücke sollten technisch einfach zu erlernen, umringt vorführbar und zugleich sehr visuell sein.
Außerdem sollten für die Kinder die erlernten Kunststücke auch nach dem Camp mit geringem Aufwand reproduzierbar sein.
Daher habe ich habe mich für das Seil als Requisit entschieden, das auch tricktechnisch alle Schwierigkeitsstufen bedient.

Sensibilisierungsphase:
Der erste Workshopblock von 10.00–12.00 Uhr begann zum Kennenlernen mit viel Spiel und Bewegung.
Die meisten Kinder kannten sich bereits untereinander, denn sie hatten bereits die erste Woche in anderen Workshops miteinander verbracht. Sie wünschten sich daher schon nach einer kurzen Namens- und Vorstellungsrunde, dass bald gezaubert würde.
Alle waren sehr neugierig darauf, was ich denn wohl für „Tricks“ mitgebracht hatte.

In meinen Zauberkursen führe ich die Kunststücke zunächst ohne Trickerklärung vor, um sie anschließend mit den Teilnehmern zu analysieren:

  • Was ist der Effekt?
  • Wie ist das Kunststück aufgebaut? (Dramaturgie)
  • Wo ist der „magische Moment“? (Höhepunkt des Kunststücks)
  • Was gibt es für Lösungsideen?

Die Kinder erhielten nach dieser Auswertung ihre Requisiten und konnten ihre Lösungsideen ausprobieren.
In der folgenden Runde erklärte ich das Trickgeheimnis und dann konnte es auch schon losgehen die Tricktechnik einzuüben.

Kinder neigen dazu das “Kennen” dem “Können” gleichzusetzen und wollen sofort jedermann das Erlernte zeigen oder gar erklären.
Nun gehört die Wahrung des Trickgeheimnisses zu den wichtigsten Regeln der Zauberkunst und so entwickelte ich gemeinsam mit den Kindern “Zauberregeln” als verbindliche Vereinbarung:

  • Kein Trickgeheimnis verraten!
  • Bevor Du ein Kunststück vorführst, übe den Trick so, dass Du ihn wie im Schlaf beherrschst!
  • In der Vorführung nicht vorher ankündigen, was als nächstes passieren wird!
  • Kein Kunststück wiederholen!
  • Mach aus dem Trick ein Kunststück oder gar ein kleines Wunder
  • ...

Orientierungsphase
Mir ist es immer ein besonderes Anliegen, dass die Kinder sich gegenseitig unterstützen.
Diejenigen, die die Tricktechnik schnell beherrschten, übernahmen eine “Trickpatenschaft” und halfen, dass alle auf den gleichen Stand kamen.
So kam auch bei den “Schnellen” keine Langeweile auf - ich war entlastet und konnte mich den individuellen Fragen zum Kunststück widmen.
Zum Abschluss bekam jedes Kind die Gelegenheit, der Gruppe das Kunststück vorzuführen (einzeln oder mit Unterstützung).
Die Kinder erlebten das erste Mal eine Vorführsituation.
Daher war es wichtig, für die anschließende Gesprächsrunde einen wertungsfreien Raum zu schaffen.
In der “Auswertung” ging es daher vor allem darum, dass die Kinder formulieren konnten, wie sie sich in der Rolle des Vorführenden erlebt haben, wo sie sich noch unsicher gefühlt haben, aber auch von der Gruppe die Rückmeldung erhielten, was ihnen besonders gut gelungen war.

“Ich hab’ Angst, dass das Kunststück schiefgeht!”
 
Diesen Satz habe ich in der Auswertung sehr oft gehört. Und um den Kindern diese Angst zu nehmen, entstand spontan die Idee, mit clownesken Elementen “das Scheitern” zum Programm zu machen.

Individualisierungsphase
Ich integrierte in die folgenden Workshopeinheiten Clownspiele und Übungen und entwickelte mit den Kindern eine Persiflage:


“Der Zauberlehrer”
erzählt die Geschichte eines eitlen Zauberlehrers, der sich wie ein despotischer General gibt.
Er verbreitet Angst und Schrecken unter seinen Schülern und wartet eigentlich nur darauf, dass sie Fehler machen, um sie dafür bestrafen zu können.
Doch hinter seinem Rücken verbünden sich seine Zauberlehrlinge und legen ihm mit einem Trick das Handwerk ...

Konsolidierungsphase
Für den vorletzten Tag wurde der Vormittag genutzt, um noch einmal alles zu üben, denn für den Nachmittag war die Generalprobe mit allen Workshopgruppen und Beteiligten angesetzt.
Es war noch nicht klar, wer als Conférencier durch das Programm führen sollte und diese Bitte wurde alsbald an mich herangetragen.
Um mich zu entlasten, erklärten sich daraufhin zwei Kinder bereit, die Requisiten und Kostüme zu betreuen, eines der älteren Mädchen kümmerte sich um die ganze Gruppe:
Es war ein Ensemble entstanden, in dem sich jeder verantwortlich fühlte!
Die Generalprobe verlief vielversprechend und der Gesamtdurchlauf wurde lediglich von kleinen technischen Pausen unterbrochen.
Alles klappte und alle waren für die Vorstellung am nächsten Tag bestens vorbereitet!

Die Vorstellung war zugleich Höhepunkt und Abschluss einer ereignisreichen und vor allem kreativen Woche. Im ausverkauften Zelt gaben die Kinder alles und eroberten ganz schnell die Herzen ihres Publikums - die Herzen ihrer Trainer, die hatten sie schon lange.

Zauberclowns
Rache ist süss
Irgendwie wird jeder abgeholt ...
Jetzt heißt es Abschied nehmen ...
Zen und die Kunst des Seilschießens
Der Zauberlehrer ...
Die alltäglichen Pflichten
Kolja Kaldun als Conférencier

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Zirkuscamp

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